Zitat zum Sonntag _ Heidi Lutosch: Kinderhaben
- chock50
- 28. Apr. 2023
- 1 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Juni 2023
Matthes & Seitz, 2023.
«In meinen schwärzesten Momenten, in denen ich an der berühmten Vereinbarkeit von Beruf und Familie wieder einmal wütend zweifelte, habe ich mich seltsamerweise zum Trost in die Rolle des Patriarchen fantasiert. Ich malte mir aus, wie schön es wäre, an einem Dienstagmorgen beim Frühstück, genau dann, wenn das erste Glas Milch umkippt und klar wird, dass es kaum noch möglich ist, pünktlich zum Morgenkreis im Kindergarten zu sein und auf der Arbeit keine neuen Minusstunden anzusammeln - genau in diesem Moment also mit freundlichem Nicken die Küche zu verlassen. Nicht etwa mit schlechtem Gewissen, sondern erfüllt von der Wichtigkeit der Aufgaben und Kämpfe, die vor mir liegen. Mit der Bewunderung und Dankbarkeit meines Ehemannes im Rücken gehe ich also in die Welt: darf gestalten, mich entfalten, mich messen und entwickeln. Abends, nachdem ich meinen Kindern einen liebevollen Gutenachtkuss gegeben und mich kurz an ihrer frischgebadeten Niedlichkeit erfreut habe, berichtet mir mein Mann in groben Zügen die wichtigsten Dinge aus dem Familienleben. All die Kleinigkeiten, all das Unwichtige, alles Monotone, Vergebliche und Dreckige erspart er mir. (...) Ich habe die Geborgenheit der Familie und die Herausforderungen und Anregungen eines interessanten Berufslebens. Das ist Vereinbarkeit vom Feinsten. Wissen die Männer eigentlich, was sie da aufgegeben haben?»
S. 17f.

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